Gemeinsam gegen den Export von Terror und Gewalt made in Germany!
Rede beim Mainz-Wiesbadener Ostermarsch am 19. April 2014 in Wiesbaden
Von Matthias Blöser, Friedensarbeiter von pax christi im Bistum Limburg
Es gilt das gesprochene Wort
Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,
Ich
spreche hier als Friedensarbeiter der internationalen katholischen
Friedensbewegung pax christi im Bistum Limburg und Koordinator der
„Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel“ im Rhein-Main-Gebiet, der
Kampagne gegen Rüstungsexport.
Pax Christi setzt sich
schon lange gegen Waffenhandel ein, denn dieses Milliardengeschäft auf
deutschem Boden schürt Terror und Gewalt in der Welt und fordert täglich
neue Opfer.
Das Verbot von Rüstungsexporten und eine
Umstellung von militärischer auf zivile Produktion ist zu Recht eine
zentrale Forderung der Ostermärsche. Wie nötig der Einsatz gegen
Waffenhandel ist, betont die „Aktion Aufschrei – Stoppt den
Waffenhandel“ (
www.aufschrei-waffenhandel.de) seit Mai 2011 erfolgreich. Diese
Kampagne gegen Rüstungsexporte hat beim bundesweiten Aktionstag am 26.
Februar 2012 bei einer Aktion vor dem Bundestag zugespitzt festgestellt:
„Von Deutschland geht Krieg aus!“
Tatsächlich werden Menschen
weltweit Tag für Tag Opfer deutscher Waffen und Kriegsgeräte - ganz ohne
deutsche Truppen im Ausland. Und das in zunehmendem Maße. Deutschland
ist laut dem Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI)
drittgrößter Rüstungsexporteur der Welt mit 7% Anteil am Welthandel
(2009-2013; 2005-2009 10,7%). Seit 2001 haben sich die Rüstungsexporte
von 367,3 Millionen Euro auf 2,12 Milliarden Euro im Jahr 2010 nahezu
versechsfacht (Rüstungsexportbericht 2010). 2012 wurden Kriegswaffen im
Wert von 946 Mio. € exportiert und Rüstungsexportgenehmigungen über
insgesamt 8,9 Mrd. € erteilt. Es gibt relativ große Schwankungen in dem
schmutzigen Geschäft. Trotz des prozentualen Rückgangs am
Weltwaffenhandel auf 7% stellt der Rüstungsexport-bericht 2013 der
Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) fest:
„Deutschland
hält seine Position auf dem Weltrüstungsmarkt und gehört gemeinsam mit
anderen EU-Staaten zu den größten Produzenten“.
Dabei gehen immer
mehr Exporte an sog. „Drittstaaten“, also Staaten außerhalb von EU, NATO
und NATO-gleichgestellten Ländern. 2012 gingen Rüstungsexporte über 2,1
Mrd. € an NATO-Staaten und 2,6 Mrd. € an Drittstaaten wie z.B.
Saudi-Arabien.
Rüstungsexporte scheinen zunehmend Mittel
der Außenpolitik zu werden. Kanzlerin Merkel spricht von „Ertüchtigung“
vermeintlicher „Partner“ auf der arabischen Halbinsel, um weniger
SoldatInnen in Auslandseinsätze zu schicken. Wir wollen keine
Kriegseinsätze der Bundeswehr, aber wir wollen auch keine deutschen
Waffen statt deutscher Soldaten!
Das Beispiel
Griechenland, einem der größten Empfänger deutscher Rüstungsexporte,
zeigt wie Rüstung Entwicklung verhindert – auch in Europa. In allen
Bereichen wird wegen der Finanzkrise massiv gekürzt, nur der
Militärhaushalt bleibt auf einem hohen Niveau, damit auch weiterhin
deutsche U-Boote und anderes Kriegsgerät abgenommen werden können.
Rüstung und soziale Gerechtigkeit vertragen sich nicht! Rüstung
verhindert vielmehr oft Entwicklung und gefährdet den Frieden. Schluss
damit!
Der „arabische Frühling“ hat gezeigt, wie fatal
Waffenlieferungen an vermeintlich „befreundete“, „stabilitätssichernde“
Regime sind. G 36 Gewehre von Heckler & Koch wurden nicht nur in
Lybien eingesetzt, sondern auch zu Tausenden nach Saudi-Arabien
geliefert. Dort gibt es sogar eine Lizenz zur Herstellung der
Sturmgewehre vor Ort. So müssen die Waffen gar nicht mehr exportiert
werden.
Überhaupt scheinen fast alle Hemmungen, das diktatorische Regime in Riad mit Waffen zu beliefern, verflogen.
2012
wurden die meisten Exportgenehmigungen überhaupt mit 1,237 Mrd. € an
Saudi-Arabien erteilt. Somit wird dieses Land größter Abnehmer deutscher
Rüstungsexporte!
Geliefert werden zum Beispiel Kampfflugzeuge und
Grenzsicherungssysteme von EADS – inklusive Ausbildung der saudischen
durch die Bundespolizei –, Luftkampfraketen von Diehl BGT und geplant
waren 270 modernste Leopard 2 A7+ Kampfpanzer von Kraus-Maffei-Wegmann
und Rheinmetall. Soweit bekannt hat der Bundessicherheitsrat eine
Voranfrage 2011 gebilligt. Ein solcher Deal führte die laut
Bundesregierung „restriktive“ Rüstungsexportpolitik
(Rüstungsexportbericht 2010) erneut und endgültig ad absurdum. In
welches Land sollen denn anhand welcher Kriterien keine Waffen mehr
geliefert werden? Menschenrechte scheinen jedenfalls in vielen Fällen
kein relevantes Kriterium zu sein im Vergleich zu sicherheitspolitischen
und außenwirtschaftlichen Interessen.
Endlich gibt es Berichte,
dass Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel den Leo-Export verhindern
möchte. Sollte sich dies bestätigen, wäre dies ein großer Erfolg der
Aktion Aufschrei und aller, die im Wahlkampf und danach Druck auf die
SPD und die anderen Parteien ausgeübt haben, um den Export noch zu
stoppen. Damit die Verhinderung dieses Geschäfts ein wichtiger
Meilenstein zu deutlich weniger Rüstungsexporten wird auf unserem Weg
zum Verbot von Waffenexporten, müssen wir aber am Ball bleiben, denn die
SPD wird jeden Einzelfall prüfen – Beispiele: die Genehmigung von
Patrouillenbooten für Saudi-Arabien und Leopard-2-Panzer an Katar. Also
müssen wir jedes Geschäft kritisieren und den gesellschaftlichen Druck
hoch halten.
Spannungen
zwischen der Ukraine und Russland gibt es auch wegen der bisher sehr
intensiven Kooperation in der Rüstungsproduktion. Kiew will Moskau keine
Militärgüter mehr liefern. Weniger Waffenhandel ist begrüßenswert.
Allerdings ist in der jetzigen Lage eine weitere Eskalation zu
befürchten und Entspannung nötig. Unsere Alternative: Abrüstung in
Europa in Koordination mit Russland! Wir brauchen Sicherheit für
Russland und die Ukraine, keine weiteren Waffenlieferungen!
Am
17.4.2014 meldet DIE ZEIT weitere Waffenlieferungen im ersten
Vierteljahr nach Russland. Ein dringend nötiges Umdenken findet also bis
heute nicht wirklich statt.
Der
Ostermarschaufruf tritt zu Recht für eine Welt ohne
Massenvernichtungswaffen ein und für eine gerechte
Weltwirtschaftsordnung ein. Dies unterstützt Pax Christi voll, denn für
uns sind Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung die
zentralen Anliegen. Allerdings zählen für mich zu den
Massenvernichtungswaffen nicht allein atomare, biologische und chemische
Waffen. „Kleinwaffen“ sind die heutigen Massenvernichtungswaffen mit
über 90% aller Opfer. 2012 verdoppelte sich die Ausfuhr dieser Waffen
von 17,92 auf 37,09 Mio. €. Ein tödlicher Skandal!
Die
„Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel“ will gegen diesen Skandal
buchstäblich aufschreien, da wir auch in der Friedensbewegung zu lange
zu leise Kritik geäußert haben an dem alltäglichen Geschäft mit dem Tod.
Wir schreien auf in einem breiten gesellschaftlichen Bündnis – von pax
christi, Ohne Rüstung Leben, der ÄrztInnen gegen den Atomkrieg (IPPNW)
und der DFG-VK über MISEREOR und Brot für die Welt bis hin zur
DGB-Region Frankfurt Rhein-Main im Regionalbündnis Rhein-Main.
95.225
Unterschriften für ein grundsätzliches Verbot von Rüstungsexporten
haben wir am 25. Februar 2014 an Bundestagsvizepräsidentin Edelgart
Bulmahn übergeben, damit sich der Petitionsausschuss des deutschen
Bundestages mit unseren Forderungen auseinandersetzen muss. Tags
darauf demonstrierten wir am bundesweiten Aktionstag mit über 200
Holzpanzern vor dem Reichstag gegen Panzerexporte nach Saudi-Arabien und
Katar und für offene Grenzen für Menschen, die auch vor deutschen
Waffen aus Kriegs- und Krisengebieten fliehen müssen. Unser Motto:
Grenzen schließen für Waffen, Grenzen öffnen für Menschen! Mit dieser
Forderung gehen wir in die nächste Phase der Kampagne gegen
Rüstungsexporte. Uns geht es um Menschen, nicht die Profite der
Rüstungsindustrie!
Damit wir reale politische Veränderungen
erreichen, müssen wir noch breitere Unterstützung mobilisieren. Deshalb
lade ich Euch und Sie alle ein, mitzumachen!
Wer
Interesse am Rhein-Main-Bündnis der Aktion Aufschrei hat, kann mich
gerne ansprechen und zum nächsten Netzwerktreffen am 11. Juli um 16.00
Uhr nach St. Gallus in die Mainzer Landstraße 295 in Frankfurt kommen!
Wollen
wir das Geschäft mit dem Tod beenden, müssen wir nicht nur auf
politischer Ebene dagegen kämpfen, sondern dem Geschäft auch die
finanzielle Basis entziehen. Staatlicherseits gehören die
HERMES-Bürgschaften abgeschafft. 2012 betrugen die staatlichen Garantien
3,3 Mrd. € für Waffenexporte nach Algerien, Ägypten und den Irak. Aber
ohne Kredite privater Banken könnten die Exporte nicht realisiert
werden. Deshalb werden wir wie schon 2013 am 22. Mai 2014 bei der
Hauptversammlung der Deutsche Bank an der Frankfurter Messe gegen
Rüstungsfinanzierung protestieren. Seid dabei!
Rüstungsexporte
schaffen keinen Frieden, sondern verschärfen Konflikte und Kriege und
fordern unzählige Opfer. Deshalb fordern wir:
-> Keine Leopard 2 Kampfpanzer und andere Rüstungsgüter an Saudi-Arabien!
-> Keine Waffen an Russland und die Ukraine, sondern zivile Kooperation und Abrüstung in Europa inklusive Russland stärken!
-> Für ein sofortiges Verbot des Exports von „Kleinwaffen“!
Unser
langfristiges Ziel sind keine Waffenexporte aus Deutschland. Jeder
Schritt auf diesem Weg ist wichtig. Stoppen wir gemeinsam den Export von
Terror und Gewalt made in Germany! Mit dem Stopp von Rüstungsexporten
wären wir der Forderung des Mainz-Wiesbadener Ostermarschs einen
riesigen Schritt näher gekommen.
Lasst uns also gemeinsam einstehen für eine Welt ohne Krieg, Militär und Gewalt!
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit und viel Kraft für die weitere Friedensarbeit.
Matthias Blöser
Ansprechpartner für die Medien:
Matthias Blöser
Friedensarbeiter
pax christi Diözesanverband Limburg
Dorotheenstr. 11
61348 Bad Homburg
Tel./Fax: 06172 928679
Mobil: 06172 4978127 (Festnetztarif)
friedensarbeiter@pax-christi.de
www.pax-christi.de
Bilder vom Mainz-Wiesbadener Ostermarsch 2014:
https://www.facebook.com/pax.christi.limburg/posts/307735146049687?stream_ref=10
Rede als pdf:
http://pax-christi.de/fileadmin/Dokumente/Ostermarsch/Rede_Matthias_Bl%C3%B6ser_Ostermarsch_2014_WI.pdf