25. April 2014

Meine Rede auf dem Ostermarsch 2014

Gemeinsam gegen den Export von Terror und Gewalt made in Germany!

Rede beim Mainz-Wiesbadener Ostermarsch am 19. April 2014 in Wiesbaden

Von Matthias Blöser, Friedensarbeiter von pax christi im Bistum Limburg

Es gilt das gesprochene Wort 

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

Ich spreche hier als Friedensarbeiter der internationalen katholischen Friedensbewegung pax christi im Bistum Limburg und Koordinator der „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel“ im Rhein-Main-Gebiet, der Kampagne gegen Rüstungsexport.

Pax Christi setzt sich schon lange gegen Waffenhandel  ein, denn dieses Milliardengeschäft auf deutschem Boden schürt Terror und Gewalt in der Welt und fordert täglich neue Opfer.

Das Verbot von Rüstungsexporten und eine Umstellung von militärischer auf zivile Produktion ist zu Recht eine zentrale Forderung der Ostermärsche. Wie nötig der Einsatz gegen Waffenhandel ist, betont die „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel“ (www.aufschrei-waffenhandel.de) seit Mai 2011 erfolgreich. Diese Kampagne gegen Rüstungsexporte hat beim bundesweiten Aktionstag am 26. Februar 2012 bei einer Aktion vor dem Bundestag zugespitzt festgestellt: „Von Deutschland geht Krieg aus!“
Tatsächlich werden Menschen weltweit Tag für Tag Opfer deutscher Waffen und Kriegsgeräte - ganz ohne deutsche Truppen im Ausland. Und das in zunehmendem Maße. Deutschland ist laut dem Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) drittgrößter Rüstungsexporteur der Welt mit 7% Anteil am Welthandel (2009-2013; 2005-2009 10,7%). Seit 2001 haben sich die Rüstungsexporte von 367,3 Millionen Euro auf 2,12 Milliarden Euro im Jahr 2010 nahezu versechsfacht (Rüstungsexportbericht 2010). 2012 wurden Kriegswaffen im Wert von 946 Mio. € exportiert und Rüstungsexportgenehmigungen über insgesamt 8,9 Mrd. € erteilt. Es gibt relativ große Schwankungen in dem schmutzigen Geschäft. Trotz des prozentualen Rückgangs am Weltwaffenhandel auf 7% stellt der Rüstungsexport-bericht 2013 der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) fest:
„Deutschland hält seine Position auf dem Weltrüstungsmarkt und gehört gemeinsam mit anderen EU-Staaten zu den größten Produzenten“.
Dabei gehen immer mehr Exporte an sog. „Drittstaaten“, also Staaten außerhalb von EU, NATO und NATO-gleichgestellten Ländern. 2012 gingen Rüstungsexporte über 2,1 Mrd. € an NATO-Staaten und 2,6 Mrd. € an Drittstaaten wie z.B. Saudi-Arabien.

Rüstungsexporte scheinen zunehmend Mittel der Außenpolitik zu werden. Kanzlerin Merkel spricht von „Ertüchtigung“ vermeintlicher „Partner“ auf der arabischen Halbinsel, um weniger SoldatInnen in Auslandseinsätze zu schicken. Wir wollen keine Kriegseinsätze der Bundeswehr, aber wir wollen auch keine deutschen Waffen statt deutscher Soldaten!

Das Beispiel Griechenland, einem der größten Empfänger deutscher Rüstungsexporte, zeigt wie Rüstung Entwicklung verhindert – auch in Europa. In allen Bereichen wird wegen der Finanzkrise massiv gekürzt, nur der Militärhaushalt bleibt auf einem hohen Niveau, damit auch weiterhin deutsche U-Boote und anderes Kriegsgerät abgenommen werden können. Rüstung und soziale Gerechtigkeit vertragen sich nicht! Rüstung verhindert vielmehr oft Entwicklung und gefährdet den Frieden. Schluss damit!

Der „arabische Frühling“ hat gezeigt, wie fatal Waffenlieferungen an vermeintlich „befreundete“, „stabilitätssichernde“ Regime sind. G 36 Gewehre von Heckler & Koch wurden nicht nur in Lybien eingesetzt, sondern auch zu Tausenden nach Saudi-Arabien geliefert. Dort gibt es sogar eine Lizenz zur Herstellung der Sturmgewehre vor Ort. So müssen die Waffen gar nicht mehr exportiert werden.
Überhaupt scheinen fast alle Hemmungen, das diktatorische Regime in Riad mit Waffen zu beliefern, verflogen.
2012 wurden die meisten Exportgenehmigungen überhaupt mit 1,237 Mrd. € an Saudi-Arabien erteilt. Somit wird dieses Land größter Abnehmer deutscher Rüstungsexporte!
Geliefert werden zum Beispiel Kampfflugzeuge und Grenzsicherungssysteme von EADS – inklusive Ausbildung der saudischen durch die Bundespolizei –, Luftkampfraketen von Diehl BGT und geplant waren 270 modernste Leopard 2 A7+ Kampfpanzer von Kraus-Maffei-Wegmann und Rheinmetall. Soweit bekannt hat der Bundessicherheitsrat eine Voranfrage 2011 gebilligt. Ein solcher  Deal führte die laut Bundesregierung „restriktive“ Rüstungsexportpolitik (Rüstungsexportbericht 2010) erneut und endgültig ad absurdum. In welches Land sollen denn anhand welcher Kriterien keine Waffen mehr geliefert werden? Menschenrechte scheinen jedenfalls in vielen Fällen kein relevantes Kriterium zu sein im Vergleich zu sicherheitspolitischen und außenwirtschaftlichen Interessen.
Endlich gibt es Berichte, dass Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel den Leo-Export verhindern möchte. Sollte sich dies bestätigen, wäre dies ein großer Erfolg der Aktion Aufschrei und aller, die im Wahlkampf und danach Druck auf die SPD und die anderen Parteien ausgeübt haben, um den Export noch zu stoppen. Damit die Verhinderung dieses Geschäfts ein wichtiger Meilenstein zu deutlich weniger Rüstungsexporten wird auf unserem Weg zum Verbot von Waffenexporten, müssen wir aber am Ball bleiben, denn die SPD wird jeden Einzelfall prüfen – Beispiele: die Genehmigung von Patrouillenbooten für Saudi-Arabien und Leopard-2-Panzer an Katar. Also müssen wir  jedes Geschäft kritisieren und den gesellschaftlichen Druck hoch halten.

Spannungen zwischen der Ukraine und Russland gibt es auch wegen der bisher sehr intensiven Kooperation in der Rüstungsproduktion. Kiew will Moskau keine Militärgüter mehr liefern. Weniger Waffenhandel ist begrüßenswert. Allerdings ist in der jetzigen Lage eine weitere Eskalation zu befürchten und Entspannung nötig. Unsere Alternative: Abrüstung in Europa in Koordination mit Russland! Wir brauchen Sicherheit für Russland und die Ukraine, keine weiteren Waffenlieferungen!
Am 17.4.2014 meldet DIE ZEIT weitere Waffenlieferungen im ersten Vierteljahr nach Russland. Ein dringend nötiges Umdenken findet also bis heute nicht wirklich statt.

Der Ostermarschaufruf tritt zu Recht für eine Welt ohne Massenvernichtungswaffen ein und für eine gerechte Weltwirtschaftsordnung ein. Dies unterstützt Pax Christi voll, denn für uns sind Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung die zentralen Anliegen. Allerdings zählen für mich zu den Massenvernichtungswaffen nicht allein atomare, biologische und chemische Waffen. „Kleinwaffen“ sind die heutigen Massenvernichtungswaffen mit über 90% aller Opfer. 2012 verdoppelte sich die Ausfuhr dieser Waffen von 17,92 auf 37,09 Mio. €. Ein tödlicher Skandal!

Die „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel“ will gegen diesen Skandal buchstäblich aufschreien, da wir auch in der Friedensbewegung zu lange zu leise Kritik geäußert haben an dem alltäglichen Geschäft mit dem Tod. Wir schreien auf in einem breiten gesellschaftlichen Bündnis – von pax christi, Ohne Rüstung Leben, der ÄrztInnen gegen den Atomkrieg (IPPNW) und der DFG-VK über MISEREOR und Brot für die Welt bis hin zur DGB-Region Frankfurt Rhein-Main im Regionalbündnis Rhein-Main.
95.225 Unterschriften für ein grundsätzliches Verbot von Rüstungsexporten haben wir am 25. Februar 2014 an Bundestagsvizepräsidentin Edelgart Bulmahn übergeben, damit sich der Petitionsausschuss des deutschen Bundestages mit unseren Forderungen auseinandersetzen muss. Tags darauf demonstrierten wir am bundesweiten Aktionstag mit über 200 Holzpanzern vor dem Reichstag gegen Panzerexporte nach Saudi-Arabien und Katar und für offene Grenzen für Menschen, die auch vor deutschen Waffen aus Kriegs- und Krisengebieten fliehen müssen. Unser Motto: Grenzen schließen für Waffen, Grenzen öffnen für Menschen! Mit dieser Forderung gehen wir in die nächste Phase der Kampagne gegen Rüstungsexporte. Uns geht es um Menschen, nicht die Profite der Rüstungsindustrie!
Damit wir reale politische Veränderungen erreichen, müssen wir noch breitere Unterstützung mobilisieren. Deshalb lade ich Euch und Sie alle ein, mitzumachen!

Wer Interesse am Rhein-Main-Bündnis der Aktion Aufschrei hat, kann mich gerne ansprechen und zum nächsten Netzwerktreffen am 11. Juli um 16.00 Uhr nach St. Gallus in die Mainzer Landstraße 295 in Frankfurt kommen!

Wollen wir das Geschäft mit dem Tod beenden, müssen wir nicht nur auf politischer Ebene dagegen kämpfen, sondern dem Geschäft auch die finanzielle Basis entziehen. Staatlicherseits gehören die HERMES-Bürgschaften abgeschafft. 2012 betrugen die staatlichen Garantien 3,3 Mrd. € für Waffenexporte nach Algerien, Ägypten und den Irak. Aber ohne Kredite privater Banken könnten die Exporte nicht realisiert werden. Deshalb werden wir wie schon 2013 am 22. Mai 2014 bei der Hauptversammlung der Deutsche Bank an der Frankfurter Messe gegen Rüstungsfinanzierung protestieren. Seid dabei!

Rüstungsexporte schaffen keinen Frieden, sondern verschärfen Konflikte und Kriege und fordern unzählige Opfer. Deshalb fordern wir:

-> Keine Leopard 2 Kampfpanzer und andere Rüstungsgüter an Saudi-Arabien!
-> Keine Waffen an Russland und die Ukraine, sondern zivile Kooperation und Abrüstung in Europa inklusive Russland stärken!
-> Für ein sofortiges Verbot des Exports von „Kleinwaffen“!

Unser langfristiges Ziel sind keine Waffenexporte aus Deutschland. Jeder Schritt auf diesem Weg ist wichtig. Stoppen wir gemeinsam den Export von Terror und Gewalt made in Germany! Mit dem Stopp von Rüstungsexporten wären wir der Forderung des Mainz-Wiesbadener Ostermarschs einen riesigen Schritt näher gekommen.

Lasst uns also gemeinsam einstehen für eine Welt ohne Krieg, Militär und Gewalt!

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit und viel Kraft für die weitere Friedensarbeit.

Matthias Blöser


Ansprechpartner für die Medien:

Matthias Blöser
Friedensarbeiter
pax christi Diözesanverband Limburg
Dorotheenstr. 11
61348 Bad Homburg
Tel./Fax: 06172 928679
Mobil: 06172 4978127 (Festnetztarif)
friedensarbeiter@pax-christi.de

www.pax-christi.de

Bilder vom Mainz-Wiesbadener Ostermarsch 2014:
https://www.facebook.com/pax.christi.limburg/posts/307735146049687?stream_ref=10

Rede als pdf: http://pax-christi.de/fileadmin/Dokumente/Ostermarsch/Rede_Matthias_Bl%C3%B6ser_Ostermarsch_2014_WI.pdf

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