Die nächste "Dear White Church"-Tagung steht im September auf dem Himmelsfels in Nordhessen an. Mit ausreichend Zeit vom 19.9. abends bis 22.9. mittags fragen wir: „Was bedeutet es eine rassismuskritische und postmigrantische Kirche zu werden?“
Meldet euch möglichst zeitnah an unter https://kurzelinks.de/DWC24 und macht gerne fleißig Werbung. Unten findet ihr das sharepic.
Weitere Infos und Flyer mit Programm unter: http://termine.ekhn.de/d-5363. Bei Fragen meldet euch gerne bei mir.
2. Juli 2024
Tagung: Was bedeutet es eine rassismuskritische und postmigrantische Kirche zu werden?
6. Mai 2024
Aufstehen gegen Rechtsextremismus – Nie wieder ist jetzt!
In der neuen Zeitschrift von pax christi Rhein-Main ist dieses Interview mit mir unter dem Titel "Aufstehen gegen Rechtsextremismus – Nie wieder ist jetzt!" erschienen:
Die demokratische Mehrheit in Deutschland scheint aufgewacht. Überall
im Land demonstrieren Menschen aus den verschiedenen politischen und
gesellschaftlichen Milieus gegen wachsenden Rechtspopulismus und
Rechtsextremismus und die damit verbundene menschenverachtende
Ideologie. Auch zahlreiche christliche Gruppen und Gemeinden beteiligen
sich aktiv daran. Das Bistum Limburg startete eine Kampagne unter dem
Motto „Nie wieder“ und fordert Gemeinden, Verbände und christliche
Einrichtungen auf, sichtbar Position zu beziehen für Demokratie und
gegen Rechtsextremismus. Mit der viel beachteten, einstimmig
verabschiedeten Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz „Völkischer
Nationalismus und Christentum sind unvereinbar“ hat die katholische
Kirche ein eindeutiges Zeichen gesetzt. Doch so wichtig solche
Positionierungen sind, der wachsende Einfluss rechter Parteien und
Bewegungen auf das politische und gesellschaftliche Klima in Deutschland
ist damit noch nicht gestoppt.
Was jede und jeder und auch eine Organisation wie pax christi tun kann,
haben wir Matthias Blöser gefragt. Der frühere Friedensarbeiter des
ehemaligen pax christi-Diözesanverbandes Limburg berät seit über sechs
Jahren vor allem evangelische Kirchengemeinden zum Umgang mit
Rechtspopulismus und Rechtsextremismus auch in den eigenen Reihen.
Warum ist es Ihrer Meinung nach wichtig, vor allem auch im
christlichen Kontext, sich mit rechtspopulistischen bzw. rechtsextremen
Aussagen zu beschäftigen?
Solchen Stammtischparolen zu widersprechen, halte ich für einen
kirchlichen und christlichen Auftrag. Das betrifft die Menschenwürde;
christlich ausgedrückt das Gebot der Nächstenliebe und die
Gottesebenbildlichkeit des Menschen. Wenn unsere Nächsten verächtlich
gemacht werden, wenn ganze Gruppen abgewertet werden, dann ist das nicht
mit dem christlichen Glauben vereinbar. Wichtig ist dabei die Frage:
Wann ist eine Schwelle erreicht, bei der die Kirchen sich deutlich
positionieren müssen? Hier hat die Deutsche Bischofskonferenz auf ihrer
letzten Vollversammlung mit der Erklärung zu völkischem Nationalismus
ein wesentliches Kriterium benannt. Der völkische Nationalismus ist für
mich der Gradmesser, an dem man festmachen kann: Ist etwas eher
oberflächliches Gerede, oder handelt es sich um tief verwurzelte
rechtsextremistische Einstellungen? Der völkische Nationalismus ist der
Kern des Rechtsextremismus. Und es ist für mich ganz entscheidend, dass
die Kirchen hier auch sagen, was das Problematische daran ist. Man muss
das eigene Menschen- und Gottesbild definieren und sagen, für was man
einsteht. Es ist leichter für Demokratie, für Vielfalt, für
Menschenwürde einzustehen. Meine Aufgabe jedoch ist es, diese Medaille
umzudrehen und zu sagen: Gegen was müssen wir dann einstehen? Gegen
völkischen Nationalismus, gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit,
gegen Sexismus, Rassismus, Antisemitismus usw. Es ist enorm wichtig,
dass Kirchen und Christ:innen sich da positionieren, weil sie einen
Unterschied machen. Das ist für mich auch in den vielen Protestaktionen
unter dem Motto „Nie wieder ist jetzt“ zu sehen. Gerade bei Aktionen in
kleineren Städten waren die Kirchengemeinden ein entscheidendes
Sprachrohr bei den Aktionen gegen rechtsaußen; hier macht ihre
Beteiligung oder Nichtbeteiligung einen großen Unterschied.
Das Entscheidende ist aus meiner Sicht, dass durch diese breit
verankerten Kundgebungen viele aus ihrer Lethargie herausgekommen sind.
Gerade Menschen, die nicht ständig engagiert sind, sind jetzt in großer
Zahl auf die Straße gegangen und haben erlebt, dass sie gar nicht so
alleine und machtlos sind. Und ich glaube, daraus kann richtig etwas
entstehen, wenn es gelingt, hieraus eine nachhaltige Bewegung zu
entwickeln.
Welche Relevanz hat hierfür die erwähnte Erklärung der katholischen Deutschen Bischofskonferenz?
Ich bin sehr dankbar für die Klarheit der Erklärung. Die Bischöfe sind damit auch ins Risiko gegangen. Aber
es ist wichtig, diese Klarheit und Einstimmigkeit zu zeigen. Eine Frage
ist: Was gehen alle Bischöfe – auch die sehr konservativen Bischöfe –
mit? Bedeutsam in dem Kontext ist, um welche Begriffe ringt man? Wir
haben über Rechtspopulismus und Rechtsextremismus gesprochen, aber es
geht auch viel um den Begriff des Konservativen. Was ist konservativ,
und wer bestimmt das? Und da würde ich sagen, dass die Kirchen auf jeden
Fall relevant sind.
Wie schätzen Sie die Bedeutung dieser rechten Positionen in den Kirchen selber ein?
Dafür ist ein Blick in die Kirchengeschichte sinnvoll. Die evangelische
Kirche beispielsweise war vor dem Ersten Weltkrieg eine tragende Säule
des Kaiserreichs. Und auch zwischen den Weltkriegen waren die „Deutschen
Christen“ die dominante Fraktion in der Evangelischen Kirche in
Deutschland. Wenn man dies berücksichtigt, versteht man woher dieses
Gedankengut zum Beispiel bei den „Christen in der AfD“ kommt, die ich in
gewisser Weise in der Tradition der „Deutschen Christen“ sehe. Hier
wird eine offensive völkische Umdeutung des Christseins und des
Evangeliums versucht.
Wir müssen genau hinschauen, wo wir herkommen und warum diese
rassistischen, völkischen Bilder massiv in unseren Köpfen verankert
sind. Und das ist besonders schwierig im christlichen Umfeld. Christen
sehen sich in der Regel als die Guten, deren Kirche – insbesondere die
katholische Kirche – grundsätzlich eine internationale sei und von daher
gar keine nationalistische Kirche sein könne. Und: Kirche wende sich
immer an alle Menschen guten Willens. Aber das ist nur ein Teil der
Wahrheit. Der Anspruch, gut sein zu wollen, ist wichtig. Man braucht
diesen Antrieb durch eine positive Zielrichtung. Aber diese
rechtspopulistischen Bilder sind schon sehr lange da und stark in den
Köpfen verankert. Und der Antisemitismus ist nun mal eine Erfindung der
Kirche in der Abgrenzung zum Judentum. Man kann das nur reflektieren und
verlernen, wenn man sich dessen bewusst wird. Und für mich entsteht
daraus eine große Verantwortung für die Kirchen.
Wenn man genauer hinschaut, dann gibt es bestimmte Brückennarrative,
also Erzählungen, die Brücken bilden in den Rechtsextremismus und
Rechtspopulismus. Das sind Themen wie Lebensschutz – also
Schwangerschaftsabbruch bzw. Lebensschutz von der Befruchtung bis zum
natürlichen Tod. Das kann man inklusiv definieren, oder man kann es
menschenverachtend definieren. Beim Thema „traditionelles Familienbild“
ist die Anschlussfähigkeit sehr groß. Auch mit Blick auf
Queerfeindlichkeit und Ablehnung von allem, was nicht der
heteronormativen Ordnung entspricht. Da geht es um den Kampf ums
Konservative. Diese rechte Strategie, das Konservative für sich
einzunehmen, gibt es schon sehr lange. Im Kern geht es um einen
völkisch-nationalistischen, ethnisch reinen Staat. Es würde den Kirchen
gut anstehen zu sagen: Das ist nicht konservativ, da erhält man nichts,
sondern da geht es um die völkische Umdeutung des Christseins.
Also konservativ in Ihrem Sinne ist im Grunde eine Einstellung, die
sagt: Wir möchten alte, grundlegende christliche Werte und Traditionen
erhalten. Dazu gehört Nächstenliebe, Bewahrung der Schöpfung, Frieden,
Nachfolge Jesu. Und diese werden dann völkisch, nationalistisch
umgedeutet und vereinnahmt. Ist das der Kampf ums Konservative?
Genau. Wenn man die Bibel liest, dann ist die Bibel an sich ein Zeugnis
dieser Konflikte. Man kann konservativ oder progressiv sein und Jesus
nachfolgen. Es ist ein Kampf um Werte, bei dem die Frage der Selbst- und
Fremdzuschreibung ganz wichtig ist. So wie ich die Bischofskonferenz
wahrnehme, würden die Bischöfe auf jeden Fall um konservativ als
positiven Bezug kämpfen. Und das sehe ich auch als ihre Aufgabe. Ich
würde auch um den Begriff konservativ aktiv kämpfen wollen.
Was sind für Sie typische Aussagen und Standpunkte, die man
in christlichen Zusammenhängen hört, die nicht mehr konservativ, sondern
rechtspopulistisch, rechtsextrem einzuordnen sind?
Es gibt viele davon. Oft sind sie strategisch klug gewählt und
funktionieren, weil sie irgendwo an der Lebensrealität oder gefühlten
Lebensrealität der Menschen andocken. Ein Klassiker ist: „Als Frau kann
man sich nicht mehr auf die Straße trauen.“ Diesen Satz kann man sehr
unterschiedlich hören. Entweder: Frauen sind in dieser Gesellschaft
potenziell immer von sexualisierter Gewalt bedroht. Oder man hört:
„nicht mehr“. Und wenn man dieses „Nicht mehr“ hört, merkt man: Es geht
darum, dass allein geflüchtete Männer Gefährder für Frauen sein sollen.
Sexualisierte Gewalt ist ein Riesenproblem in dieser Gesellschaft. Doch
die größte Gefahr für Frauen sind statistisch gesehen ihr Partner,
Expartner bzw. das familiäre Umfeld. Das Perfide an vielen dieser
Aussagen ist, dass sie nicht „nur“ rassistisch sind, sondern tatsächlich
auch eine Verzerrung oder eine völlige Uminterpretation der Realität
anbieten.
Ein anderes klassisches Beispiel ist: „Die Flüchtlinge nehmen uns die
Wohnungen weg.“ Natürlich haben wir Wohnungsmangel, und durch Zuzug
werden Verteilungskonflikte, die es schon vorher gab, verschärft. Doch
diese Aussage verzerrt massiv die Realität und verschleiert die
wirklichen Ursachen des Wohnungsmangels wie Fachkräftemangel, hohe
Energiepreise, massiv gestiegene Baukosten, lange Genehmigungswege, die
deutlich angestiegene Quadratmeterzahl an Wohnraum pro Person und vor
allem eine verfehlte Wohnungspolitik in den letzten Jahrzehnten, die zum
weitgehenden Erliegen des öffentlich geförderten Wohnungsbaus geführt
hat. Mit solchen Aussagen geht es nicht um Lösungen für ein Problem,
sondern darum, die Schwächsten zu Sündenböcken zu machen. Man müsste
stattdessen neuen Wohnraum schaffen und umverteilen, auf dem Land eine
bessere Infrastruktur schaffen, damit nicht alle in die Großstädte
ziehen usw. Oft docken diese Aussagen an einem Gefühl der
Ungerechtigkeit an. Und es ist dann auch Aufgabe der Kirche, der
Christenmenschen, zu überlegen, wie man diese tatsächlichen
Ungerechtigkeiten bearbeitet.
Die absoluten Klassiker im christlichen Kontext sind homophobe Aussagen,
die man immer durch zwei, drei Bibelstellen „belegen“ kann. Da braucht
man keine rechtspopulistischen Agitationen von außen, das kommt von
innen. Aus heutiger Sicht würde ich sagen: „Es ist menschenverachtend.“
Aber lange Zeit wurde einfach nur gesagt: „Das soll uns doch vor dem
Teufel retten!“ Da werden Argumente von den Füßen auf den Kopf gestellt:
„Wir beten doch nur für die verirrten Seelen, die diese unnatürlichen
Neigungen haben“ usw.
Um was geht es bei diesen Auseinandersetzungen um die korrekte Interpretation von Bibelstellen?
Die Bibel ist ein vielfältiges und in Teilen widersprüchliches Buch.
Will man bestimmte Aussagen verstehen, muss man sich den Kontext
anschauen und was eine bestimmte Aussage zur Zeit ihrer Entstehung
bedeutet hat. Ich finde es gut und wichtig, wenn sich die Kirchen auf
diese Widersprüchlichkeiten einlassen und versuchen, sie einzuordnen und
Orientierungen zu geben, wo Menschen diese suchen.
Es gibt beispielsweise einen durchaus relevanten Teil von jungen
Menschen, die sagen: „Ich will eine ganz traditionelle Familie haben.
Und warum bin ich weniger wert, wenn ich Hausfrau bin?“ Lange konnte ich
mit solchen Aussagen wenig anfangen, da ich dachte, es ist doch toll,
wenn man die Freiheit hat, Familie und Beruf zu vereinbaren. Doch seit
ich Vater bin, weiß ich, dass es nicht so einfach ist, weil beides nicht
wirklich gut miteinander vereinbar ist. Ich finde, man muss aufpassen,
Menschen nicht abzuwerten, nur weil sie nicht genauso leben und denken,
wie man selber, sonst überlässt man sie den rechten Demagog:innen. Doch
gleichzeitig muss man von ihnen einfordern, dass sie sich nicht
menschenverachtend verhalten. Das gelingt nur, wenn wir uns alle auf
Augenhöhe begegnen. Diese Augenhöhe herzustellen, ist eine große
Herausforderung. Und dies gelingt leichter, wenn es auch Gemeinsamkeiten
gibt, an die man anknüpfen kann. Solche Orte waren früher und sind es
in Teilen auch heute noch Kirchengemeinden, wo Menschen zusammentreffen,
die etwas gemeinsam haben, die aber aus unterschiedlichen Milieus und
„Blasen“ kommen. Wir sollten die Chancen nutzen, auch Menschen aus ganz
anderen Blasen dort zu begegnen, auch um produktiv zu streiten. Denn es
gibt wenige andere Orte, wo man das so einfach organisieren kann wie im
kirchlichen Kontext.
Was sollte man tun, wenn man rechtspopulistische Aussagen hört?
Auf der individuellen Handlungsebene halte ich mich an Trude Simonsohn,
die die Shoa überlebt hat und Ehrenbürgerin von Frankfurt war. Sie hat
gesagt: „Sagt zu jedem Unrecht sofort Nein.“ Das ist ein schlichter
Satz, den zu beherzigen nicht so einfach ist, wie es klingt. Einerseits
ist es einfach, denn man kann schlicht sagen: „Das sehe ich anders.“ Man
muss kein Referat halten. Aber im christlichen Kontext höre ich oft:
„Ich habe das nicht studiert. Ich habe die Fakten nicht im Detail. Ich
habe nicht die richtige Bibelstelle, um zu antworten.“ Aber sich trauen,
überhaupt etwas zu sagen, ist entscheidend. Andererseits ist es schwer,
wenn man die einzige kritische Stimme ist. Wenn man Teil von einer
Bewegung sein kann, ist es leichter. Ein Beispiel wäre eine
Gemeinderatssitzung, in der jemand etwas Problematisches sagt. Dann ist
entscheidend, ob irgendwer etwas entgegnet. Schafft man es vielleicht,
einen ersten kleinen Stein ins Rollen zu bringen und das Eis zu brechen,
wenn man etwas sagt? Und man kann versuchen, andere Leute einzubinden,
dann steht man nicht alleine da.
Es ist noch mal entscheidender, wenn eine hoch problematische Aussage
fällt und keiner etwas sagt. Dann scheint es nämlich so, als würden alle
anderen schweigend zustimmen. Dann gehe ich vielleicht davon aus, dass
die gesellschaftliche Stimmung wirklich so menschenverachtend ist.
Ansonsten würde ich versuchen, den Druck rauszunehmen und nach der
eigenen Tagesform entscheiden. Man kann nicht immer alles sagen, und man
kann allein auch nicht die Welt retten. Wenn ich was beitragen kann,
dann ist es sehr, sehr wertvoll. Und das kann einfach nur ein schlichtes
„Nein“ sein.
Was können Organisationen wie zum Beispiel pax christi Rhein
Main tun, um gegen diese Verbreitung rechter Aussagen oder
Stammtischparolen im christlichen Milieu vorzugehen?
Grundsätzlich würde ich sagen: „Solange es geht, die eigene Arbeit
aufrechterhalten.“ Also Projekte wie die Zeitzeug:innenarbeit oder auch
dieses „Nie wieder“, was pax christi sich auf die Fahnen geschrieben
hat, fortführen. Das finde ich enorm wertvoll, denn das ist klassische
Bildungsarbeit gegen rechtsaußen und für Menschenwürde. Die Aktivitäten
in der Flüchtlings- und Migrationspolitik oder auch die Aktion
Wanderfriedenskerze können Brücken sein. Ich fand es sehr wertvoll, dass
pax christi offen, sachbezogen und auch kontrovers den Krieg gegen die
Ukraine diskutiert. Da wurden Räume gegeben und ein Vertrauensvorschuss,
dass man überhaupt erst mal reden konnte.
Und dann sollte man in die Kirche hineinwirken. Da gibt es
Gemeinsamkeiten und diese Gemeinsamkeiten muss man nutzen. Vielleicht
kann man einen Impuls anbieten, in einem bestimmten Kontext in der
Gemeinde. Oder man legt die pax christi-Zeitschrift aus. Ich fände es
gut, die Schlagkraft zu nutzen, die von der Bischofskonferenz kommt und
natürlich über Bischof Bätzing und Bischof Kohlgraf. Es ist naheliegend,
dort Synergien herzustellen. Ich sehe im Moment kein anderes Feld, wo
es mehr Einigkeit gibt, sowohl innerkirchlich als auch
gesamtgesellschaftlich, als beim Kampf gegen rechtsaußen. Ich würde
sagen, es war selten günstiger für pax christi, in das Themenfeld noch
stärker hineinzugehen, mit der eigenen Expertise, theologisch und
politisch. Und: dann in breiten Bündnissen voranzugehen, denn nur so
wird es gehen.
Das klingt wie eine Art Stufenprogramm: Man muss sich mit den eigenen
Überzeugungen und Prägungen befassen. Dann sollte man das in einer
Gruppe wie pax christi diskutieren, um mit sich und den anderen um die
Standpunkte zu ringen und zu klaren Standpunkten zu kommen. Und diese
Standpunkte sollte man vertreten durch Kundgebungen, durch
Veranstaltungen, die man selbst organisiert, aber auch in Bündnissen,
die diese klaren Standpunkte teilen.
Das wäre ideal. Menschen sind an unterschiedlichen Punkten, und das
alles passiert ein Stück weit auch gleichzeitig. Gerade die eigene
Reflexion finde ich sehr wichtig. Ich kann Menschen nur erreichen, wenn
ich mit einer offenen Grundhaltung reingehe, aber geerdet bin in dem,
was schon verhandelt wurde in der eigenen Gruppe.
Der Einstiegspunkt, um viele Diskussionen überhaupt führen zu können, ist, eine Gemeinsamkeit zu finden?
Das halte ich für einen total wichtigen Punkt und einen sehr schönen
Abschluss: ernsthaft zu suchen, was man gemeinsam hat. Dann kommt man
vielleicht auch von diesen abstrakten Parolen weg. Wenn ich an meinem
Gegenüber ernsthaft interessiert bin, kann ich eine Aussage hart
kritisieren und es trotzdem schaffen, die Person nicht in Bausch und
Bogen zu verdammen.
Das Interview führte Anna Meinhardt. Der Text erschien zuerst in der pax christi Zeitschrift Rhein-Main 1-2024 (https://pax-christi.de/) und wird hier mit freundlicher Genehmigung veröffentlicht.
20. Oktober 2023
Israel und Palästina - Wege aus der Unversöhnlichkeit
Wir brauchen einen Konsens gegen Entmenschlichung, Hass und Gewalt, gegen Antisemitismus und Rassismus. Hört Meron Mendel und anderen Menschen zu, die für Frieden in Israel und Palästina sind und zugleich absolut zurecht gegen jede Relativierung des Hamas-Terrors!
19. September 2023
„Wir brauchen einen antirassistischen Diskurs in unserer Kirche“
Fazit zum Antirassismus-Tag von EKHN, EKKW und Diakonie Hessen
„Wenn ich als Indonesierin von der Kanzel aus Gottes Wort verkündige, dann ist Gott nicht ‚weiß‘! Es ist wichtig, dass nicht-‚weiße‘ Perspektiven in der Kirche gesehen und gehört werden.“ Mit eindringlichen Worten beschrieb Lektorin Inke Rondonuwu, engagiertes Mitglied der Evangelischen Indonesischen Kristusgemeinde Rhein-Main, ihre Wünsche und auch ihre eigenen rassistischen Erfahrungen jetzt bei einem Werkstatt-Tag in der Alten Johanneskirche in Hanau.
Impulsvortrag: Inke Rondonuwu (Ev. Indonesische Kristusgemeinde Rhein-Main) - Zum Thema „(Anti)rassistische Kirche!?“ fand in der Alten Johanneskirche in Hanau ein Werkstatt-Tag statt. Foto: medio.tv/SchaudernaDort wurden auf Einladung der evangelischen Kirchen in Hessen wichtige Fragen zu Offenheit, Vielfalt und Antirassismus diskutiert. Genauer hinzuschauen, wo in Kirche und Diakonie Strukturen bestehen, die andere ausschließen und diese zu überwinden – darauf verständigten sich die Teilnehmenden, wie die hessen-nassauische und die kurhessische Kirche am Dienstag (18. Juli 2023) mitteilte.
Rassismus überwinden
Die Gruppe der Veranstaltenden sowie der rund 90 Teilnehmenden war divers zusammengesetzt und ermöglichte es vor allem auch People of Color (PoC), ihre Erfahrungen einzubringen und von ihren Erwartungen und Hoffnungen an Kirche und Diakonie zu berichten. Neben Inke Rondonuwu sprach Austen Peter Brandt, deutsch-britisch-nigerianischer evangelischer Pfarrer und Gründer des Vereins Phoenix e.V., der Anti-Rassismus-Trainings anbietet. Er betonte die zerstörerische Wirkung von Rassismus und forderte eine kritische Selbstreflexion der weißen Mehrheitsgesellschaft: „Wenn das gemeinsame Ziel Emanzipation, Freiheit für alle, Frieden in der Gesellschaft, Respekt vor dem Leben aller ist, dann ist es wichtig, dass sich auch die ‚weißen‘ Mitglieder der Mehrheitsgesellschaft fragen: Was hat der Rassismus mit mir gemacht? Wie hat er meine Persönlichkeit geprägt? Und wie befreie ich mich vom Giftmüll seiner zerstörerischen Bilder?“ Brandt betonte, dass die Überwindung des Rassismus nur erreicht werden könne, wenn der Begriff der Rasse endgültig der Geschichte angehöre.
Denken verändern
In Workshops diskutierten die Teilnehmenden konkrete Schritte zur Veränderung von Theologie, Gottesdiensten, ehren- und hauptamtlicher Arbeit, Öffentlichkeitsarbeit sowie Gemeindestrukturen und Leitungsämtern. Ziel müsse es sein, die Vielfalt der Gesellschaft abzubilden und allen Menschen Teilhabe zu ermöglichen. Die Notwendigkeit einer rassismus- und diskriminierungskritischen Checkliste für die kirchliche Öffentlichkeitsarbeit wurde ebenso festgestellt wie die Weiterentwicklung der theologischen Ausbildung an den Universitäten und im Vikariat. Bischöfin Hofmann: „Die Bibel kennt keine Unterschiede in den Hautfarben“
Auch die Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW), Beate Hofmann, und der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), Volker Jung, nahmen aktiv an der Tagung teil und betonten in ihren Abschlussworten die Notwendigkeit einer diskriminierungsfreien Kirche und eines breiten antirassistischen Diskurses. „Die Bibel kennt sehr viele Unterschiede von Menschen, aber sie kennt keine Unterschiede in den Hautfarben. Das muss uns in der Debatte um Rassismus leiten“, sagte Bischöfin Hofmann. Ihr sei nochmal sehr deutlich geworden, „dass es sehr vielfältige Formen von Diskriminierung und Fremdheitserfahrungen auch in unseren Kirchen gibt“. Sie ergänzte: „Wenn ich von einer antirassistischen Kirche als Zukunftsvision spreche, dann meine ich eine diskriminierungsfreie Kirche.“ Kirchenpräsident Jung: „Wo sind rassistische Denkmuster in uns verankert?“
Kirchenpräsident Jung schlug vor, eine Arbeitsgruppe einzurichten, die das Thema "Antirassistische Kirche" weiter voranbringen soll: „Die AG soll Impulse für Diskussionen in der Breite unserer Kirchen geben.“ Er forderte: „Wir brauchen einen breiten antirassistischen Diskurs in unserer Kirche. Dazu gehört auch wahrzunehmen, wo rassistische Denkmuster in uns und unserer theologischen Reflexion verankert sind.
[Text von Volker Rahn unter Mitarbeit der Vorbereitungsgruppe, Erstveröffentlichung: https://www.ekhn.de/aktuell/detailmagazin/news/wir-brauchen-einen-antirassistischen-diskurs-in-unserer-kirche.html]
Hintergrund
Veranstaltet wurde der Werkstatt-Tag vom Zentrum Oekumene der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) und der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) in enger Zusammenarbeit mit dem Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN sowie der Diakonie Hessen und in der antirassistischen Arbeit engagierten Hauptamtlichen. Die Organisierenden waren sich einig, dass die Veranstaltung ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer offenen, vielfältigen, antirassistischen und demokratischen Kirche war.
Der Werkstatt-Tag geht auf eine Initiative vom EKHN-Projekt Demokratie stärken im ZGV zurück. Die Weiterarbeit gegen Rassismus in der EKHN wird vom Projekt intensiv begleitet und koordiniert. Interessierte können sich jederzeit an Projektreferent Matthias Blöser wenden. Kontakt: m.bloeser(at)zgv.info, https://www.zgv.info/demokratie-staerken.
Mehr Infos zur Tagung:
Der ausführliche Abschlusstext der Veranstaltenden steht unter: https://kurzelinks.de/AntirassistischeKircheRueckblick
22. Februar 2023
Antisemitismus- und Rassismuskritik verbinden: Ambivalenzen aushalten, Allianzen bilden!
Antisemitismus und Rassismus stehen in enger Verbindung. Engagement gegen beide Phänomene sollte sich gut ergänzen. Tatsächlich widersprechen sich in der öffentlichen Debatte verschiedene Lager oft vehement. Woran liegt das, und wie könnte ein Ausweg aussehen?
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Foto: Rasande Tyskar, Demonstration gegen rechten Terror und Antisemitismus - learnt nothing?! Quelle: https://www.flickr.com/photos/rasande/48889698017/ (CC BY-NC 2.0) |
In den letzten Jahren hat sich die gesellschaftliche und kirchliche Diskussion um Rassismus intensiviert. Insbesondere die sich in Folge der brutalen Ermordung von George Floyd global ausweitende Black Lives Matter Bewegung hat das Thema (anti-Schwarzer) Rassismus in den öffentlichen Fokus gerückt. So werden rassismuskritische Ansätze aus Selbstorganisation, Aktivismus und politischer Bildung inzwischen erfreulich breit diskutiert. Zugleich löst diese Debatte Gegenwehr insbesondere aus reaktionären politischen Spektren aus, aber auch Disput zwischen unterschiedlichen diskriminierungssensiblen Ansätzen.
Antisemitismus- und Rassismuskritik im Konflikt
Weitere Fortschritte im Kampf gegen Rassismus bedürfen breiter Bündnisse und müssen gegen ablehnende Teile der Gesellschaft im Verbund mit solidarischen und offenen Teilen der Gesellschaft erarbeitet werden. Ein Konflikt, der Fortschritte zusätzlich hemmt, ist die oftmals unproduktive Debatte zwischen Engagierten gegen Rassismus und Engagierten gegen Antisemitismus im eher liberalen politischen Spektrum. Dieser Konflikt lässt Raum für eine rassistische Instrumentalisierung von Israel-Solidarität und Antisemitismuskritik von rechts, die Antisemitismus vor allem muslimisch markierten Menschen zuschreibt und so den Antisemitismusvorwurf von sich selbst weitgehend fernhält.
Jahrhundertealte rassistische und jahrtausendealte antisemitische Denkmuster und Strukturen sind nicht überwunden. Es ist nötig, diese zu reflektieren und am Abbau von Rassismus und Antisemitismus zu arbeiten. Im besten Falle verstärken sich diese Prozesse oder laufen einander zumindest nicht zuwider. Derzeit stehen einer gemeinsamen Bearbeitung der Probleme – neben klassischer Erinnerungsabwehr – zwei miteinander verbundene Konfliktfelder im Weg: 1. Gedenken an die Shoah im Verhältnis zur Aufarbeitung des europäischen Kolonialismus; 2. einseitige Parteiergreifung im israelisch-palästinensischen Konflikt mit einengender Fokussierung auf antisemitismuskritischer Israel-Solidarität oder rassismuskritischer Palästina-Solidarität.
Antisemitismus auf der documenta fifteen
An der erstgenannten Auseinandersetzung zwischen dem Gedenken an die Shoah und der Bearbeitung der Kolonialgeschichte entzündet sich der Konflikt zwischen postnationalsozialistischer Antisemitismuskritik und postkolonialer Rassismuskritik. Die Diskussion um antisemitische Darstellungen auf der documenta fifteen zeigte, wie schwierig eine Verständigung ist. Dass Antisemitismus ein globales Phänomen ist und sich antisemitische Motive somit in Kunstwerken indonesischer und anderer Künstler*innen finden, sollte nicht verwundern. So weist die Erziehungswissenschaftlerin Astrid Messerschmidt in ihrer Analyse „documenta fifteen“ darauf hin, dass antisemitische Motive aufgegriffen werden, weil die ideologische Struktur des Antisemitismus eine Täterfigur anbietet, auf die sich Vieles projizieren lässt, das mit erfahrener Ungerechtigkeit und Ausbeutung verbunden ist. Hier kann es nicht darum gehen, Respekt für unterschiedliche Erfahrungsräume aufzubringen, in dem Sinne, dass es eine „provinzielle“ deutsche und jüdische „Überempfindlichkeit“ wegen der Shoah gebe, wie es in der Debatte zu hören war. Als global verantwortungsfähige Subjekte sollten wir Künstler*innen weltweit zutrauen, ihre Kunst bewusst zu gestalten. Diese darf dann weltweit rassismus- und antisemitismuskritisch eingeordnet werden im Bewusstsein der wechselhaften Geschichte von Antisemitismus und Rassismus. Ein Hinweis auf die Entstehung eines Kunstwerks im „globalen Süden“ reicht nicht als Beleg dafür, dass es nicht antisemitisch wirken könne, sondern deutet auf Schuldabwehr aus Sicht der Künstler*innen oder eine paternalistische Haltung hin, als könne oder müsse Kunst aus dem globalen Süden nicht verantwortungsbewusst gegenüber Antisemitismus sein.
Entlastung als Motiv
Antisemitisches Denken bietet eine Täterfigur auch für aktuelle Gerechtigkeitsdebatten. Teile des öffentlich wahrnehmbaren antirassistischen Aktivismus sehen diese Figur im Staat Israel oder im „Jüdischen“ als vermeintlich konkretes Bild unrechtmäßiger abstrakter Macht. Die so Argumentierenden entlasten ihre eigene Position als vermeintlich unschuldig, indem sie die eigene Verstrickung in globale Ungleichheitsverhältnisse auf eine von ihnen selbst abgrenzbare Täterfigur projizieren. Die Position der Unschuld ist eine begehrte Position, gerade im postnationalsozialistischen Deutschland. Das jetzige Bewusstsein für die Geschichte und Wirkung der Shoah, das gegen viele Widerstände in Deutschland erkämpft wurde, ist wiederum keine spezifisch deutsche Angelegenheit. In einer globalisierten Welt kann von allen, die sich öffentlich äußern, ein Grundwissen hinsichtlich des Massenmordes an den europäischen Jüdinnen und Juden und der zugrundeliegenden Vernichtungsabsicht erwartet werden. Zugleich bleibt die Aufarbeitung des Rassismus während und nach der Kolonialzeit ein drängendes und zentrales Anliegen, das aber nicht gegen Erinnerungsarbeit an der Shoah und den Kampf gegen Antisemitismus ausgespielt werden darf. Statt eine Opferkonkurrenz zu forcieren, sollten wir fragen, wie wir Verantwortung übernehmen können für die Folgen von Nationalsozialismus und Kolonialismus. Statt eine bestimmte Erinnerung zurückzudrängen, sollten wir rassistische und antisemitische Geschichtszusammenhänge mit ihren jeweiligen ideologischen Bestandteilen zeigen und nach Wegen der solidarischen Auseinandersetzung suchen.
Von Dichotomie zu Ambivalenz
Eine besondere Schwierigkeit ist, dass Antisemitismus- und Rassismuskritik identitätsrelevant sind. Dies sticht bei der Lagerbildung im Israel-Palästina-Konflikt hervor, in der oft Antisemitismusvorwurf gegen Rassismusvorwurf steht. Durch die eingeengte Sicht der jeweiligen Position fällt die Anerkennung eigener Schuld besonders schwer oder wird als gar nicht vorhanden oder als legitime Reaktion verworfen. Leider führt diese Engführung immer wieder dazu, dass ausgerechnet dringend nötige Dialog- und Versöhnungsprojekte delegitimiert werden, weil sie angeblich der Gegenseite helfen oder diese legitimieren würden.
In der produktiven Beschäftigung mit solchen Ambivalenzen kann an frühere Ansätze angeknüpft werden. Jean Améry, der als Jude und Kommunist von den Nationalsozialisten verfolgt wurde, befasste sich Ende der 1960er mit Aspekten seiner eigenen Gewalterfahrung und derjenigen Frantz Fanons, einem Vordenker der Dekolonisation. Auf der Jahrestagung der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche & Rechtsextremismus im November 2022 (siehe auch die Rubrik „Streiflichter“) warb María do Mar Castro Varela, Professorin an der Alice-Salomon-Hochschule Berlin, für gute Praxisbeispiele der Vergangenheit und für Differenzierung: Post-Kolonialismus sei nicht gleich Rassismuskritik. Für eine gute Debatte werde vertieftes Wissen postkolonialer und jüdischer Studien benötigt, um Geschichten sichtbar zu machen und „unaussprechliche Felder zu kartieren“. Sie erinnerte an vergangene jüdische und rassismuskritische Allianzen, beispielsweise Angela Davis‘ Studium bei Marcuse und Adorno und Edward Saids Solidarität mit Juden und der gleichzeitigen Bearbeitung des Traumas seiner Flucht aus Palästina.
María do Mar Castro Varela verbindet das Ziel der Offenlegung von Ambivalenzen der Moderne und der Aufklärung. Dafür müsste die affektive Seite der Debatte stärker beleuchtet werden. Im Verbund von Jüdischen Studien, Antisemitismus- und Rassismuskritik müsste nach do Mar Castro Varela nicht dichotom, sondern „kontrapunktisch gedacht“ werden, weil die Positionen aufeinander angewiesen seien und sich die andere Position in der eigenen spiegeln müsse. Wenn Empathie im Mittelpunkt stünde, würden verschiedene Traumata nicht gegeneinander ausgespielt und es könne der Notwendigkeit, ethische Reflexe auszubilden entsprochen werden. Dafür wäre es wichtig, eigenes Leid punktuell zu überbrücken, um anderes Leid an sich heranzulassen. Mit dieser Haltung erscheint das Ziel erreichbar, „universalistische Identitätspolitik, die die Anerkennung von Vielfalt, Gleichheit und Uneindeutigkeit in einem gesellschaftlichen Zustand erstrebt, in dem man ohne Angst verschieden auch von sich selbst sein kann“ (Holz/Haury 2021, S. 367).
Alle Bürger*innen und Institutionen sollten sich gegen falsche „Eindeutigkeiten“ und gegen Antisemitismus und Rassismus stellen, da diese die auf gleichen Rechten für alle basierende, offene und demokratische Gesellschaft angreifen. Der Herausforderung, dass diese zugleich massiv rassistisch und antisemitisch geprägt ist, gilt es sich zu stellen, gerade in Zeiten, in denen die Demokratie zunehmend unter Druck gerät.
Literatur:
Amadeu-Antonio-Stiftung (2022): Lagebild Antisemitimus: Shoah-Gedenken vs. Antisemitismusbekämpfung?, 13.10.2022, https://www.belltower.news/lagebild-antisemitimus-shoah-gedenken-vs-antisemitismusbekaempfung-139911/
Blöser, Matthias (2015): Antisemitische Ressentiments nach Vortrag über „Givat Haviva“, in: pax christi-Zeitschrift für das Bistum Limburg 3/2015, Text verfügbar unter: https://de.linkedin.com/pulse/antisemitische-ressentiments-nach-vortrag-%C3%BCber-givat-haviva-bl%C3%B6ser
Holz, Klaus, Haury, Thomas (2021): Antisemitismus gegen Israel, Hamburger Edition HIS Verlag, Hamburg
Mendel, Meron, Cheema, Saba-Nur, Arnold, Sina (Hg.) (2022): Frenemies. Antisemitismus, Rassismus und ihre Kritiker*innen, Verbrecher Verlag, Berlin
Messerschmidt, Astrid (2022): documenta fifteen - Antisemitismus und Kunst, 28.07.2022, https://www.migazin.de/2022/07/28/documenta-fifteen-antisemitismus-und-kunst/
Dieser Text von Matthias Blöser erschien zuerst im Jahresbericht 2022 des Zentrums Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN, der hier verfügbar ist: https://www.zgv.info/das-zentrum/aus-unserer-arbeit.