19. September 2023

„Wir brauchen einen antirassistischen Diskurs in unserer Kirche“

 Fazit zum Antirassismus-Tag von EKHN, EKKW und Diakonie Hessen

Graffito in Erinnerung an die Ermordeten von Hanau, Foto: Matthias Blöser 
 

„Wenn ich als Indonesierin von der Kanzel aus Gottes Wort verkündige, dann ist Gott nicht ‚weiß‘! Es ist wichtig, dass nicht-‚weiße‘ Perspektiven in der Kirche gesehen und gehört werden.“ Mit eindringlichen Worten beschrieb Lektorin Inke Rondonuwu, engagiertes Mitglied der Evangelischen Indonesischen Kristusgemeinde Rhein-Main, ihre Wünsche und auch ihre eigenen rassistischen Erfahrungen jetzt bei einem Werkstatt-Tag in der Alten Johanneskirche in Hanau.

 Impulsvortrag: Inke Rondonuwu (Ev. Indonesische Kristusgemeinde Rhein-Main) - Zum Thema „(Anti)rassistische Kirche!?“ fand in der Alten Johanneskirche in Hanau ein Werkstatt-Tag statt. Foto: medio.tv/Schauderna
 

Dort wurden auf Einladung der evangelischen Kirchen in Hessen wichtige Fragen zu Offenheit, Vielfalt und Antirassismus diskutiert. Genauer hinzuschauen, wo in Kirche und Diakonie Strukturen bestehen, die andere ausschließen und diese zu überwinden – darauf verständigten sich die Teilnehmenden, wie die hessen-nassauische und die kurhessische Kirche am Dienstag (18. Juli 2023) mitteilte.  

Rassismus überwinden

Die Gruppe der Veranstaltenden sowie der rund 90 Teilnehmenden war divers zusammengesetzt und ermöglichte es vor allem auch People of Color (PoC), ihre Erfahrungen einzubringen und von ihren Erwartungen und Hoffnungen an Kirche und Diakonie zu berichten. Neben Inke Rondonuwu sprach Austen Peter Brandt, deutsch-britisch-nigerianischer evangelischer Pfarrer und Gründer des Vereins Phoenix e.V., der Anti-Rassismus-Trainings anbietet. Er betonte die zerstörerische Wirkung von Rassismus und forderte eine kritische Selbstreflexion der weißen Mehrheitsgesellschaft: „Wenn das gemeinsame Ziel Emanzipation, Freiheit für alle, Frieden in der Gesellschaft, Respekt vor dem Leben aller ist, dann ist es wichtig, dass sich auch die ‚weißen‘ Mitglieder der Mehrheitsgesellschaft fragen: Was hat der Rassismus mit mir gemacht? Wie hat er meine Persönlichkeit geprägt? Und wie befreie ich mich vom Giftmüll seiner zerstörerischen Bilder?“ Brandt betonte, dass die Überwindung des Rassismus nur erreicht werden könne, wenn der Begriff der Rasse endgültig der Geschichte angehöre.

Blick in den Veranstaltungssaal. Foto: Matthias Blöser 
 

Denken verändern

In Workshops diskutierten die Teilnehmenden konkrete Schritte zur Veränderung von Theologie, Gottesdiensten, ehren- und hauptamtlicher Arbeit, Öffentlichkeitsarbeit sowie Gemeindestrukturen und Leitungsämtern. Ziel müsse es sein, die Vielfalt der Gesellschaft abzubilden und allen Menschen Teilhabe zu ermöglichen. Die Notwendigkeit einer rassismus- und diskriminierungskritischen Checkliste für die kirchliche Öffentlichkeitsarbeit wurde ebenso festgestellt wie die Weiterentwicklung der theologischen Ausbildung an den Universitäten und im Vikariat. Bischöfin Hofmann: „Die Bibel kennt keine Unterschiede in den Hautfarben“

Auch die Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW), Beate Hofmann, und der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), Volker Jung, nahmen aktiv an der Tagung teil und betonten in ihren Abschlussworten die Notwendigkeit einer diskriminierungsfreien Kirche und eines breiten antirassistischen Diskurses. „Die Bibel kennt sehr viele Unterschiede von Menschen, aber sie kennt keine Unterschiede in den Hautfarben. Das muss uns in der Debatte um Rassismus leiten“, sagte Bischöfin Hofmann. Ihr sei nochmal sehr deutlich geworden, „dass es sehr vielfältige Formen von Diskriminierung und Fremdheitserfahrungen auch in unseren Kirchen gibt“. Sie ergänzte: „Wenn ich von einer antirassistischen Kirche als Zukunftsvision spreche, dann meine ich eine diskriminierungsfreie Kirche.“ Kirchenpräsident Jung: „Wo sind rassistische Denkmuster in uns verankert?“

Kirchenpräsident Jung schlug vor, eine Arbeitsgruppe einzurichten, die das Thema "Antirassistische Kirche" weiter voranbringen soll: „Die AG soll Impulse für Diskussionen in der Breite unserer Kirchen geben.“ Er forderte: „Wir brauchen einen breiten antirassistischen Diskurs in unserer Kirche. Dazu gehört auch wahrzunehmen, wo rassistische Denkmuster in uns und unserer theologischen Reflexion verankert sind.

[Text von Volker Rahn unter Mitarbeit der Vorbereitungsgruppe, Erstveröffentlichung: https://www.ekhn.de/aktuell/detailmagazin/news/wir-brauchen-einen-antirassistischen-diskurs-in-unserer-kirche.html]

Hintergrund

Veranstaltet wurde der Werkstatt-Tag vom Zentrum Oekumene der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) und der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) in enger Zusammenarbeit mit dem Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN sowie der Diakonie Hessen und in der antirassistischen Arbeit engagierten Hauptamtlichen. Die Organisierenden waren sich einig, dass die Veranstaltung ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer offenen, vielfältigen, antirassistischen und demokratischen Kirche war.

Der Werkstatt-Tag geht auf eine Initiative vom EKHN-Projekt Demokratie stärken im ZGV zurück. Die Weiterarbeit gegen Rassismus in der EKHN wird vom Projekt intensiv begleitet und koordiniert. Interessierte können sich jederzeit an Projektreferent Matthias Blöser wenden. Kontakt: m.bloeser(at)zgv.info, https://www.zgv.info/demokratie-staerken.

Mehr Infos zur Tagung:

Der ausführliche Abschlusstext der Veranstaltenden steht unter: https://kurzelinks.de/AntirassistischeKircheRueckblick


Quelle: https://www.zgv.info/demokratie-staerken/artikel-einzelansicht/1042-studientag-zu-rassismus-wir-brauchen-einen-antirassistischen-diskurs-in-unserer-kirche

 
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