Nachdem sich nicht nur die "üblichen Verdächtigen" wie die
junge Welt und andere Linke Organisationen, Medien und Einzelpersonen zu dem 50. Jahrestag der sozialistischen Revolution in Kuba, sondern auch
Henning mit einem BBC-Audiobeitrag (obwohl dort einige angeblich "kritische" Argumente zu Wort kommen, denen ich widerspreche - mal sehen, ob ich noch dazu komme, in einem Kommentar darauf zu reagieren) zu Wort gemeldet hat, und ich auch noch die Teilnahme an der
Wette zur revolutionären Gratulation zugunsten Kubas Kinder um einen Tag verpasst habe, möchte ich mich ebenfalls zur Revolution und der Entwicklung des karibischen Landes äussern. Erst einmal bin ich erfreut, dass die Wette, dass mindestens 1.000 Menschen Kuba zu 50 Jahren Revolution gratulieren, nicht an meiner fehlenden Unterschrift gescheitert ist und sogar 4.620 Euro durch 2.310 Glückwünsche zusammengekommen sind. Auch wenn ich letztes Jahr durch Teilnahme an der Solidaritätsbrigade
Brigade Québec-Cuba, über die ich wie versprochen noch näher berichten werde, bereits meine aktive kritische Solidarität mit den KubanerInnen und den Errungenschaften der Revolution konkret gemacht habe, sollte ich wohl wenigstens die zwei Euro für das
Cuba Sí Projekt
Milch für Kubas Kinder spendieren, die ich erst durch fehlende Internetverbindung und dann Ablenkung nicht durch Unterstützung der Wette sichern konnte. Wie ich hoffentlich bald genauer berichten kann, stellte sich mir die Situation in Kuba sehr anders dar als sie in westlichen Medien präsentiert wird: die Grundversorgung der Menschen mit Nahrungsmitteln ist durch Produktivitätszuwächse der Landwirtschaft mittlerweile gesichert und die weiteren grossen Errungenschaften der Revolution, freie Bildung und Gesundheitsversorgung wurden selbst in grösster Not in den 1990er Jahren nicht angetastet wie es in jedem kapitalistischen Land zweifelsohne passiert wäre in einer Situation, in der 85 Prozent des Aussenhandels quasi über Nacht wegbrachen. Neben der Tatsache, dass Fidel, Che, Raul und die anderen Guerillos tatsächlich ihr Leben für die Revolution riskiert haben, anstatt wie andere "Führer der Welt" die Söhne und Töchter aus meist defavorisierten Familien für "nationale Interessen" in den Tod zu schicken, ist das Festhalten an den zentralen Errungenschaften und revolutionären Grundsätzen einer der wichtigsten Gründe, warum sich die Regierung in Havanna bis heute grosser Unterstützung der Bevölkerung sicher sein kann. Gerade die jungen Menschen, die die Revolution nicht erlebt haben und denen ein westliches Konsummodell attraktiv erscheint, sehen die sozialen Leistungen des Staates als gegeben an und würden einer möglichen "Öffnung" der Insel für eine kapitalistische Produktionsweise in Verbindung mit Sozialkürzungen m.E. massiven Widerstand entgegensetzen. Das Ausmass der Verehrung für Fidel Castro und Ernesto Guevara durch die meisten Menschen, denen ich dort begegnet bin, hat mich trotz des Anliegens der Solibrigade, positive Aspekte des Lebens in Kuba zu erleben, schon überrascht. Selbst in der vierten Woche, in der wir durchs Land nach Osten reisten, sind uns nur zwei Menschen begegnet, die deutliche Kritik am Regime äusserten, aber selbst diese waren weit davon entfernt, sich den Kapitalismus herbeizuwünschen, sondern verlangten mehr wirtschaftliche und Meinungsfreiheit. Dieser Forderung kann ich mich nur anschliessen in Verbindung einer nötigen Demokratisierung, die die Interessen der Bevölkerung stärkt, d.h. aber auch keine Scheindemokratisierung westlichen Zuschnitts mit einem parlamentarischen Mehrparteiensystem wie in dem BBC-Beitrag anklingt, denn dieses funktioniert ja bei uns so gut, dass die Regierungen in den meisten zentralen Fragen (in der BRD z.B. Rente mit 67, Afghanistan, Mindestlohn etc.) gegen die Bevölkerungsmehrheit agieren. Trotz eines autoritären Regimes in Havanna und der staatlichen Organisation (und somit auch Kontrolle) der CDR finde ich das Konzept der Komittees zur Verteidigung der Revolution vielversprechend, denn sie ermöglichen einen hohen Grad an politischer und gesellschaftlicher Organisierung der lokalen Bevölkerung. Ich könnte noch lange weiterschreiben, möchte aber langsam zum Schluss kommen und vor einem Zitat noch darauf hinweisen, dass ich das Thema Menschenrechte in weiteren Beiträgen behandeln werde. Deshalb hier nur der Hinweis, dass diese eben auch soziale Meschenrechte beinhalten, die in Kuba als ein Land der Dritten Welt Vorbildcharakter haben.
Die abschliessende Aussage, die alle berechtigte und nötige Kritik an der kubanischen Politik in eine vernünftiges Verhältnis setzt, stammt von Brian Wilson, ehemaliger britischer Aussenminister aus dem Jahr 2003 und lautet:
- "Kritik (an Kuba) sollte niemals die Tatsache ignorieren, dass Kubas wichtigster Beitrag für die Welt darin besteht, den lebendigen Beweis dafür zu liefern, dass es möglich ist, Armut, Krankheiten und Analphabetismus in einem Land zu besiegen, das mit allen dreien mehr als vertraut war. Das ist ein ziemlich großer Nutzen. Und die Tatsache, dass dies angesichts anhaltender Feindschaft eines zwanghaft besessenen Nachbarn erreicht wurde, macht alles umso erstaunlicher.
Ich freue mich auf eine Diskussion mit meinen LeserInnen zu diesem, aber auch allen folgenden Beiträgen, die im 50. Jahr der Revolution (In Kuba wird sie als immer noch laufenden Prozess gesehen) hier erscheinen werden!