17. April 2008

Frankfurter Rundschau plant Tarifflucht

In der heutigen jungen Welt musste ich leider folgenden Artikel über die Zeitung, die mich jahrelang täglich begleitet, informiert und für politische Sachverhalte sensibilisiert hat, lesen. Es geht weiter (aus Sicht der Beschäftigen: steil) bergab mit dem einstigen linksliberalen Vorzeigeblatt.

Frankfurter Rundschau plant Tarifflucht: Traditionszeitung will Unternehmensteile ausgliedern und Beschäftigte entlassen

Von Ralf Wurzbacher
Bei den Mitarbeitern der Frankfurter Rundschau (FR) geht die Angst um. »Wir haben die große Befürchtung, daß das erst der Anfang einer umfassenden Umstrukturierung ist«, meint Betriebsratschefin Ingrid Eckert. Anlaß ihrer Sorge sind die vergangene Woche von der FR-Geschäftsführung angekündigten Pläne, einzelne Betriebssegmente des Zeitungshauses in eine Dienstleistungstochter auszugliedern. Offiziell soll so eine »bessere Nutzung von Synergien« mit dem Mehrheitseigner M. DuMont Schauberg (MDS) erzielt werden. Tatsächlich geht es der Konzernleitung wohl darum, sich langjährig Beschäftigter zu entledigen und tarifvertragliche Regelungen zu unterlaufen.
Ab Juli sollen die Bereiche Grafik, Layout, Bild, technische Redaktion und Produktionssteuerung in einer selbständigen Einheit namens »FR-Design GmbH« zusammengefaßt werden. Nach Angaben Eckerts wären davon vorerst 35 Mitarbeiter betroffen. Diese würden künftig nicht länger nur im Dienst der FR stehen, sondern müßten ihre Leistungen auch anderen im Besitz des MDS-Verlagshauses befindlichen Titeln anbieten. Dazu zählen neben dem Kölner Stadtanzeiger, der Kölnischen Rundschau unter anderem die Mitteldeutsche Zeitung. Das Sagen bei der FR hat DuMont Schauberg seit Mitte 2006 durch den Erwerb von 50 Prozent der Anteile und einer Aktie. Den aktuell von MDS angestrebten »Synergiegewinnen« werden zunächst wohl 16 Beschäftigte zum Opfer fallen. Das Finanz- und das Rechnungswesen der FR sollen dichtgemacht und deren Aufgaben zum 1. Juli in Köln wahrgenommen werden.
Die FR-Beschäftigten wollen dem Treiben indes nicht tatenlos zusehen. »Wir versuchen alles zu verhindern, was zu verhindern geht«, kündigte Betriebsratsvorsitzende Eckert am Mittwoch im Gespräch mit junge Welt an. Die von der Geschäftsleitung beschworenen »zukunftsorientierten Strukturen bedeuten nichts anderes als Tarifflucht durch Abspaltung und weiteren Arbeitsplatzabbau«. Damit hat man bei der FR bereits leidvolle Erfahrungen gemacht: Seit 2001 ist die Belegschaft von damals 1650 auf heute 600 Mitarbeiter geschrumpft. Im Rahmen mehrerer Haustarifverträge sei auf tarifliche Leistungen im Gegenwert von 40 Millionen Euro »verzichtet« worden, so Eckart.

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