16. April 2008

Zur Lebensmittelkrise

Ergänzend zum letzten Beitrag möchte ich zunächst eine interessante Seite der BBC mit aufschlussreichen Grafiken empfehlen. Ausgewählt habe ich die für mich wichtigste, nämlich die folgende Weltkarte, die die fatalen Auswirkungen vor allem auf Länder in Afrika, Asien und Lateinamerika (außer Argentinien, Paraguay und Brasilien) darstellt. In der Übersicht werden die Auswirkungen der steigenden Nahrungsmittelpreise auf die Handelsbilanzen gezeigt: die ökonomischen Gewinner sind blau, die Verlierer rot markiert.


Des weiteren widmet sich die Ausgabe der jungen Welt vom 17.4. dem Thema auf der Titelseite und im Gastkommentar schreibt Pia Eberhardt von Attac über Ernährungssouveränität.

Im Folgenden dokumentiere ich den jW-Titel Hungersnot mit Ansage.

Die globale Nahrungsmittelkrise ist offenbar schlimmer als befürchtet. Allein im laufenden Jahr benötige das Welternährungsprogramm (WFP) der Vereinten Nationen zusätzlich 1,4 Milliarden US-Dollar. In Somalia, dem Sudan, der Demokratischen Republik Kongo, Afghanistan, Simbabwe, auf den Philippinen und in Haiti sei die Bevölkerung besonders stark vom Hunger betroffen, betonte WFP-Regionalkoordinator Gemmo Lodesani am Mittwoch in der französischen Zeitung Le Parisien. Er erwartet weitere Hungerrevolten infolge der weltweit steigenden Lebensmittelpreise.
Der Vorsitzende von CARE Deutschland-Luxemburg, Heribert Scharrenbroich, beklagte »das Fehlen einer konsequenten Strategie bei der Hungerbekämpfung und eine verantwortungslose Handelspolitik« als Ursache der nun plötzlich von IWF und Weltbank entdeckten Hungerkatastrophe. Diese reichten »von den Handelshemmnissen für die Länder der Dritten Welt über Exportsubventionen für die Agrarprodukte der Industrieländer bis hin zur Vernichtung von Nahrungsmitteln durch Biogasproduktion im großen Stil, so der ­CARE-Regionalchef anläßlich einer am Mittwoch in Bonn begonnenen Konferenz der UN-Organisation für Landwirtschaft und Ernährung (FAO).
Scharrenbroich verwies zudem auf fragwürdige Praktiken bei der »Hilfe« gegen Hunger. Auch das WFP sei ein Mitverursacher der Krise, weil – nicht zuletzt in Afrika – viele bäuerliche Existenzen durch Anlieferung von Getreide aus den USA zerstört worden seien. »Wenn jetzt das WFP viele Menschen vor dem Hungertod retten soll, muß man genau hinsehen, welche Art von Hilfe gerade die USA dem WFP anbieten. Sachhilfe in Form von Getreide darf nur noch dann akzeptiert werden, wenn dieses in den betroffenen Regionen nicht gekauft werden kann«, forderte Scharrenbroich.
Ähnlich äußerte sich Johann Bergmann vom globalen bäuerlichen Netzwerk La Via Campesina gegenüber jW. »Durch internationale Verträge werden Länder des Südens gezwungen, cash crops, also schnell verkäufliche und profitable Nutzpflanzen, für den Export anzubauen.« In der Konsequenz würden Kleinbauern von ihrem Land vertrieben, Regenwald werde abgeholzt. Hinzu käme, daß »durch Exportsubventionen für Fleisch und Milchpulver aus der EU« diese Produkte in Afrika »weit unter den dortigen Herstellungskosten verkauft« werden. »Die Folge: Bäuerliche Existenzen werden zerstört, Menschen verlassen ihr Land in Richtung der Slums von Großstädten oder versuchen unter lebensbedrohlichen Bedingungen, die EU-Grenzen zu überwinden.«
La Via Campesina hat den 17. April zum »Tag des Widerstands und der Aktion gegen alle Formen von Unterdrückung der ländlichen Bevölkerung« erklärt. Mit zahlreichen Aktionen weltweit wollen die Mitglieder des Netzwerkes für »Ernährungssouveränität« werben.

Update am 17.4. um 12:30:
Die WOZ aus Zürich schreibt heute "Sandkastenliberale üben Schadensbegrenzung. Weltbank und IWF wollen ein Problem lösen, das sie mitverursacht haben. Und das sie nicht verstehen." Titel und Untertitel des Artikels über die Mitverantwortung von IWF und Welbank an der Hungerkrise fassen diesen sehr gut zusammen.

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