Der Militärkritiker und Blogger Maikel Nabil Sanad wurde gestern zu zwei Jahren Haft verurteilt. Um diesen Skandal bekannter zu machen, habe die die Pressemitteilung von Connection e.V. und der DFG-VK Hessen unten eingestellt. Das Original und mehr Infos findet ihr
hier.
Um aber nicht nur negative Nachrichten zu verbreiten, verweise ich auf einen Erfolg in der Türkei: Vergangenen Freitag wurde nämlich der türkisch-kurdische Kriegsdienstverweigerer Inan Süver vorzeitig aus der Haft
entlassen. Der Kampf für das Recht auf Kriegsdienstverweigerung ist also nicht nur wichtig, sondern trotz Rückschlägen auch erfolgreich!
Connection e.V. und DFG-VK Hessen: Pressemitteilung vom 15.12.2011
Ägypten: Militärkritiker und Blogger Maikel Nabil Sanad zu 2 Jahren Haft verurteilt
Ägyptisches Militär widersetzt sich internationaler Kritik
Bestürzt zeigen sich heute
Connection e.V. und die
Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK)
Hessen
über das gestern gegen Maikel Nabil Sanad ausgesprochene Urteil von
zwei Jahren Haft. „Es ist unerträglich, wie in Ägypten durch das Militär
grundlegende Menschenrechte mit Füßen getreten werden“, erklärte Gernot
Lennert von der
DFG-VK Hessen. „Wir sind sehr besorgt um Maikel Nabil Sanad,“ ergänzte Rudi Friedrich vom Kriegsdienstverweigerungsnetzwerk
Connection e.V.
„Seit dem 23. August befindet er sich im Hungerstreik, um seiner
Forderung auf sofortige Freilassung Nachdruck zu verleihen. Er nimmt
zwar Fruchtsäfte und Milch zu sich, ist aber sehr geschwächt.“
Das nach einem Berufungsverfahren erneut verhandelnde untergeordnete
Militärgericht hatte den Blogger und Militärkritiker gestern zu zwei
Jahren Haft wegen Beleidigung des Militärs, Verbreitung falscher
Informationen und Störung der öffentlichen Ordnung verurteilt. Damit
wurde das ursprüngliche Urteil von drei Jahren Haft revidiert, das das
Militärberufungsgericht im Oktober 2011 für „null und nichtig“ erklärt
hatte. In der gestrigen Verhandlung wurde Maikel Nabil Sanad zudem zur
Zahlung von 200 ägyptischen Pfund verurteilt, um die ihm zwangsweise vom
Gericht zugewiesenen Rechtsanwälte zu zahlen. Er hatte die
Zusammenarbeit mit dem Gericht im erneuten Verfahren verweigert, da dies
Verfahren einer „Seifenoper“ gleich käme.
„Mein Sohn“, so Maikel Nabil Sanads Vater Ibrahim Sanad direkt nach
dem Prozess, „wurde heute verurteilt, weil er die Wahrheit über die
Ereignisse auf dem Tahrir-Platz gesagt hat. Wir Ägypter sehen uns der
Ungerechtigkeit durch die Armee ausgesetzt, die das eine sagen, aber das
andere tun.“
„Maikel Nabil Sanad hätte nie vor Gericht stehen dürfen“, fasst Rudi
Friedrich zusammen. Er hat mit der in seinem Blog im März 2011
veröffentlichten Kritik, für die er verurteilt wurde, nichts anderes
getan, als seine Meinung zu äußern. Das ist ein elementares
Menschenrecht.“
Connection e.V. und die
Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK)
Hessen
fordern weiter die Einstellung aller Militärgerichtsverfahren und die
unverzügliche und bedingungslose Freilassung von Maikel Nabil Sanad.
Zum Hintergrund
20. Oktober 2010: Maikel Nabil
Sanad erklärt als erster in Ägypten und in der arabischen Welt
öffentlich seine pazifistisch motivierte Kriegsdienstverweigerung. Er
wird für untauglich erklärt, von der Militärpolizei allerdings gewarnt,
dass er mit gesteigerter Repression rechnen müsse, wenn er seine
politische und publizistische Tätigkeit fortsetzt.
8. März 2011: Maikel Nabil Sand veröffentlicht auf seinem Blog
www.maikelnabil.com
einen Beitrag, in dem er über die Rolle des Militärs während und nach
der Revolution berichtet. Er schildert darin ausführlich die
fortwährenden Menschenrechtsverletzungen und politischen Einflussnahmen
des ägyptischen Militärs in dieser Zeit (
...mehr).
10. April 2011: Ein Militärgericht verurteilt Maikel
Nabil Sand daraufhin wegen Beleidigung des Militärs, Verbreitung
falscher Informationen und Störung der öffentlichen Ordnung zu drei
Jahren Haft. Seine Verurteilung verletzt das Menschenrecht auf
Meinungsfreiheit. Am 21. Juli 2011 hatte der Menschenrechtsausschuss der
Vereinten Nationen in der
Allgemeinen Erklärung 34
zum Menschenrecht auf Rede- und Meinungsfreiheit Stellung bezogen:
„Staatliche Behörden dürfen Kritik an Institutionen wie dem Militär oder
Verwaltung nicht untersagen.“ Damit stellt die Verurteilung und
Inhaftierung von Maikel Nabil Sanad eine klare Verletzung des Artikels
19 des Internationalen Paktes für bürgerliche und politische Rechte dar.
Auch die im Juni 2011 in Kraft getretene Übergangsverfassung Ägyptens
garantiert das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit.
Das Urteil wurde zudem von einem Militärgericht gegenüber einer
Zivilperson ausgesprochen und erging in Abwesenheit der Familie, Freunde
und des Anwalts von Maikel Nabil Sanad. Damit verletzt das Verfahren
gegen Maikel Nabil Sanad auch das Recht auf ein gerechtes Verfahren nach
Artikel 14 des Internationalen Paktes für bürgerliche und politische
Rechte.
23. August 2011: Maikel Nabil Sanad beginnt einen
Hungerstreik. Mehrmals bekräftigt er seine Forderung auf sofortige
Freilassung mit einem Durststreik. Durch den Durststreik versagen seine
Nieren und er fällt wiederholt ins Koma.
4. Oktober 2011: Ein von Maikel Nabil Sanad
angestrengtes Berufungsverfahren beginnt. In der ersten Sitzung
entscheidet das Gericht, das Verfahren um eine Woche zu vertagen, weil
die Akten nicht vollständig vorlägen.
11. Oktober 2011: Das Berufungsgericht hebt das
Urteil als „null und nichtig“ auf, lässt Maikel Nabil Sanad aber nicht
frei, sondern verweist das Verfahren zur erneuten Urteilsfindung an das
untergeordnete Militärgericht zurück.
18. Oktober 2011: Zum erneuten Verfahren vor dem
Militärgericht weist Maikel Nabil Sanad seine Anwälte und seine Familie
an, das Verfahren zu boykottieren, da dies Verfahren einer „Seifenoper“
gleich käme. Das Militärgericht weist daraufhin Maikel Nabil Sanad einen
Verteidiger zu und entscheidet, ihn zur Untersuchung in eine
psychiatrische Klinik zu überstellen. Das Krankenhaus lehnt aber den
Versuch ab, einen politischen Dissidenten zu pathologisieren und sendet
ihn als „gesund“ zurück.
1. November 2011: Das Verfahren vor dem
Militärgericht wird fortgesetzt. Maikel Nabil Sanad wird zwangsweise
vorgeführt, verweigert aber die Zusammenarbeit mit dem Gericht, wie auch
seine Rechtsanwälte. Der vom Militärgericht zugewiesene Rechtsanwalt,
der von Maikel Nabil Sanad abgelehnt wird, beantragt die Vernehmung von
Zeugen. Daraufhin wird das Verfahren wiederholt vertagt. Weitere
Verhandlungstage gibt es am 13. und 27. November, am 4. und 7. Dezember.
14. Dezember 2011: Das untergeordnete Militärgericht
spricht im Wiederholungsverfahren eine Haftstrafe von zwei Jahren aus
und verpflichtet Maikel Nabil Sanad zur Zahlung von 200 ägyptischen
Pfund für die ihm zwangsweise vom Militär zugewiesenen Rechtsanwälte.
Maikel Nabil Sanad ist weiter Hungerstreik. Er überlebt den am 23.
August begonnenen Hungerstreik, da er Fruchtsäfte und Milch zu sich
nimmt.
Unterstützungsmöglichkeiten für Maikel Nabil Sanad gibt es weiter:
www.Connection-eV.de/aktion-egypt.php
www.frieden-mitmachen.de
http://wri-irg.org/node/supportmaikelnabil